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Du gehst mit deinen Nachbar*innen zur Wohnung.

Du hast dich entschieden, mit deinen Nachbar*innen zu reden. Du klopfst und fragst, ob sie die Schreie auch gehört haben. Sie nicken und erzählen, dass sie die betroffene Frau gut kennen. Sie werde schon seit einigen Monaten von ihrem Mann bedroht. Ihr überlegt zusammen, was ihr dagegen tun könnt.*

Mit den Nachbar*innen über häusliche Gewalt zu sprechen, sei eine gute Idee, sagt Hannah Wachter, Koordinatorin bei „StoP“ („Stadtteile ohne Partnergewalt“) in Hamburg. Sie könnten mehr über die Situation wissen oder die betroffene Nachbarin persönlich kennen. „Eine aufmerksame Nachbarschaft kann viel verhindern“, sagt Wachter. „Dort kommt es zu viel weniger Gewalt, Mord und Mordversuchen.“

Asha Hedayati

„Isolierte Frauen sehen gar nicht mehr, dass ihnen Unrecht geschieht. Oft aber fassen sie Mut, sobald es einen vertrauensvollen Kontakt zu einer Nachbarin gibt.“

sagt Asha Hedayati, Anwältin für Familienrecht in Berlin

Wenn man Zeug*in von häuslicher Gewalt wird, sei es immer eine Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzutun, glaubt Anna Krause (Name geändert). Sie ist Telefonberaterin bei der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen. Dabei sollte man sich aber beraten lassen.

Asha Hedayati ist Anwältin für Familienrecht in Berlin. Sie empfiehlt, Plakate mit der Nummer eines Hilfetelefons im Haus aufzuhängen oder einen Flyer in die Briefkästen des oder der Betroffenen und der Nachbar*innen zu werfen. „Isolierte Frauen sehen gar nicht mehr, dass ihnen Unrecht geschieht. Oft aber fassen sie Mut, sobald es einen vertrauensvollen Kontakt zu einer Nachbarin gibt“, erzählt die Anwältin. „Dann stellen sie fest: ‚Stimmt, das geht so nicht. Das darf der gar nicht tun‘.“

Mit den Nachbar*innen zur Wohnung zu gehen, sei besser als allein hinzugehen, sagt Sarah Gottschalk vom Deutschen Institut für Psychotraumatologie in Much bei Köln

Ihr entscheidet euch, zusammen zur Wohnung zu gehen. Ein Mann öffnet die Tür, hinter seinem Rücken steht eine Frau und weint. „Was wollt ihr?“, brüllt der Mann und ballt die Faust. Ihr versucht zu erklären, dass ihr Schreie gehört habt und fragen wolltet, ob alles in Ordnung sei. „Das geht euch einen Dreck an!“, schreit der Mann. Dann schlägt er die Tür vor deiner Nase zu.*

„Ich kann verstehen, wenn eine einzelne Person sich nicht traut, allein zur Wohnung zu gehen“, sagt Eva Wiedemann, die selbst von häuslicher Gewalt betroffen war. Stehen plötzlich mehrere Menschen vor seiner Tür, könnte der Täter sich provoziert fühlen (selbstverständlich sind nicht nur Männer zu Hause gewalttätig, doch meist ist das der Fall). Er könnte dann aggressiv reagieren. „Wenn sich acht Typen vor einer Haustür aufbauen, kann ich mir vorstellen, dass das kein gutes Ende nimmt“, sagt Wiedemann.

Eva Wiedemann
Eva Wiedemann

„Ich kann verstehen, wenn eine einzelne Person sich nicht traut hinzugehen und einzuschreiten.“

Eva Wiedemann, Schauspielerin und jahrelang betroffen von häuslicher Gewalt

Am besten sei es, zu zweit oder dritt zu den Nachbar*innen zu gehen, sagt Wiedemann. „Dann hat man notfalls Zeugen.“ Dabei dürfe man auf keinen Fall selbst aggressiv auftreten, finden Karin Meyer und Mareike Horvath, Mitarbeiterinnen des Frauenhauses vom Sozialdienst katholischer Frauen in München. Man solle lieber versuchen, die Situation zu beruhigen.


Was wäre passiert, wenn du dich anders entschieden hättest?

Hilfe bei häuslicher Gewalt

Notruf:
110
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“:
08000 116 016
Telefonseelsorge:
0800 111 0111 oder 0800 111 0222
Betroffenentelefon des Weißen Rings:
116 006
Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen:
030 611 03 00
Frauenhaus der Frauenhilfe München:
089 354 830

* Die Szenen sind fiktiv, basieren aber auf den Schilderungen unserer Expert*innen.